Mein langer Weg zur Spezialisierung

Während Jahren mit seinen Kundinnen und Kunden über Spezialisierung zu sprechen und die Notwendigkeit bei sich selber zu übersehen – das ist möglich – ich habe es erlebt. Eine etwas peinliche Geschichte in eigener Sache.

Peter Näf

Als ich mich im Jahr 2008 als Karrierecoach selbständig gemacht habe, war mein Coaching-Angebot sehr breit. In der Meinung, ich könnte mich mit jedem beliebigen Thema im Coaching beschäftigen, habe ich praktisch keine Einschränkungen gemacht; dies auch aus Angst, nicht genügend Aufträge zu erhalten, wenn ich mich einschränke. Ich wollte in jeder Marktsituation immer etwas Gesuchtes im Angebot haben. In den darauffolgenden Jahren habe ich mein Angebot sogar noch verbreitert und Seminare angeboten. Für jedes Seminar musste ich mich in neue Themengebiete wie Konfliktmanagement, Führung oder Zeitmanagement & Arbeitstechnik einarbeiten. Ich hatte sogar überlegt, zusätzlich Team-Coachings anzubieten.

Gleichzeitig habe ich meine Kundinnen und Kunden in der Standortbestimmung dafür sensibilisiert, wie wichtig eine sinnvolle Spezialisierung sei. Zur Illustration stellte ich immer die rhetorische Frage, welchen Chirurgen sie aufsuchen würden für eine komplizierte Knieoperation – den Allgemeinchirurgen oder den Kniespezialisten.

Spezialisierung erzeugt Kompetenz

Der Aufwand, mein Wissen auf all diesen Gebieten auf dem aktuellen Stand zu halten, war enorm. Zudem war ich immer nervös, da ich auf verschiedenen Gebieten neu war und zu wenig auf eigenen Erfahrungen aufbauen konnte.

Der Aufwand für die Seminare wurde mir schliesslich zu groß und ich habe dieses Angebot nach einigen Jahren aufgegeben. Dabei realisierte ich, was für einen Segen Spezialisierung bedeutet. Ich konnte mich auf die Gebiete konzentrieren, die mir wirklich Freude bereiteten. Da ich mehr gleichartige Aufträge hatte, konnte ich mich gezielt weiterbilden und habe mich dadurch schnell weiterentwickelt. Seither habe ich noch weitere Angebote gestrichen: Konflikt-Coachings, Coaching zu Zeitmanagement & Arbeitstechnik sowie Burnout. Für all diese Themen gibt es spezialisierte Anbieter auf dem Markt, die es besser machen als ich.

Spezialisierung bedeutet nicht Einfalt

Ich spezialisiere mich heute auf die Gebiete, in denen ich mich auskenne und in denen ich seit Jahren erfolgreich und mit Freude arbeite: Berufliche Standortbestimmung, Bewerbungscoaching, Job-Interviewtraining und Outplacement. Zudem biete ich Coachings zu Themen an, die mit den vorher genannten Angeboten viel Übereinstimmung haben: Kommunikation, Stärkung des Selbstbewusstseins, Positionierung und Selbstmarketing sowie Emotionsmanagement. Die Spezialisierung ermöglicht immer noch eine gewisse Breite im Angebot von Themen, die sich gegenseitig ergänzen. Der Lohn für die Spezialisierung ist größere Freude an der Arbeit, mehr Aufträge, mehr Weiterentwicklung und mehr freie Zeit!

Und was habe ich noch gelernt durch diese Erfahrung? Demut und die Erkenntnis, dass Angst ein schlechter Ratgeber ist.

#Karriere, #Storytelling, #Standortbestimmung